von Mord und Totschlag

Titelbild: Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

„Aber der hat das geplant, das ist MORD!!“ – So oder so ähnlich hört man oft Ausrufe der Leute, wenn ein Mensch einen anderen absichtlich getötet hat und doch nur für Totschlag verurteilt wird.
Ich hab das früher auch gedacht. Ziemlich lange sogar, bis ich angefangen habe, mich mit der Materie Mord und Totschlag zu beschäftigen.
Was bedeutet Totschlag eigentlich und warum ist nicht jede Tötung, die kein Unfall ist ein Mord? Und welche Abstufungen gibt es denn da? Und kann auch ein Unfall ein Mord sein?
Um die letzte Frage schon mal zu beantworten: Ja. Ein Unfall kann ein Mord sein.
Wieso, weshalb, warum – dazu kommen wir gleich.

Unterschied Mord und Totschlag

Aber zuerst: was ist der Unterschied zwischen Mord und Totschlag?
Einer der wesentlichen Unterschiede ist die Rechtsfolge, sprich: die Strafe.
Für Mord gibt es lebenslänglich, für Totschlag nur bis zu 15 Jahre Haft.
Jeder Strafverteidiger wird also versuchen, die Mordmerkmale bei der Tat des Mandanten weg zu argumentieren, um so eine geringere Haftzeit herauszuschlagen.
Und letztendlich ist Totschlag kein Mord. Verwirrend? Wird noch schlimmer, promised.

Mord § 211 StGB

Mord ist es immer dann – und nur dann – wenn bei einer vorsätzlichen Tötung eines der Mordmerkmale vorliegt. Man spricht hier auch von der besonderen Verwerflichkeit.
Alles andere ist in der Regel Totschlag.
Ohne Vorsatz könnte es eine fahrlässige Tötung oder eine Körperverletzung mit Todesfolge sein.

Mordmerkmale

Bei den Mordmerkmalen unterscheidet man in drei Gruppen.
In der ersten Gruppe wird das Motiv genannt, in der zweiten Gruppe die Art und Weise, wie das Opfer getötet wurde.

* Mordmerkmale der 1. Gruppe (täterbezogen):

  • Mordlust
  • zur Befriedigung des Geschlechtstrieb
  • Habgier
  • aus sonstigen niederen Beweggründen

* Mordmerkmale der 2. Gruppe (tatbezogen):

  • Heimtücke
  • Grausam
  • Tötung mit gemeingefährlichen Mitteln oder

* Mordmerkmal der 3. Gruppe (täterbezogen):

  • zur Verdeckung oder Ermöglichung einer Straftat

Insbesondere der Tatbestand der Heimtücke ist sehr umstritten. Denn hierfür muss das Opfer Arg- und wehrlos sein und der Täter dieses für die Tötung ausnutzen. ABER man beachte das kleine, aber wichtige Wort UND. Es reicht nicht aus, dass das Opfer wehrlos ist (z. B. an ein Bett gefesselt). Das Opfer muss aufgrund seiner Arglosigkeit wehrlos sein. Und plötzlich sieht die Sache ganz anders aus.
Wann jemand arglos ist und ob derjenige dann automatisch auch wehrlos ist, würde hier jetzt zu weit führen. Ich werde in dem jeweiligen weiteren Artikel alle Mordmerkmale vorstellen und diese dann hier verlinken.

Insgesamt sind alle Mordmerkmale nicht immer so definiert, wie es der juristische Laie (sich selbst) erklären würde. Was ist denn grausam und was ein gemeingefährliches Mittel? Diese Fragen lass ich hier offen. Ich wollte nur darauf aufmerksam machen, dass man über Tatbestandsmerkmale oft hinwegliest und glaubt, zu wissen, was sie bedeuten.

Totschlag § 212 StGB

„Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.“ Heißt es in § 212 Abs. 1 StGB.
Ach, guck. Um den Totschlag zu definieren, muss man also erstmal feststellen, dass der Täter kein Mörder ist. Wenn also ein Mensch einen anderen Menschen vorsätzlich tötet und keines der Mordmerkmale nachgewiesen werden kann, handelt es sich um Totschlag. Der Vorsatz muss sich nachweislich auf die Tötung beziehen.
In besonders schweren Fällen kann auch für Totschlag eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt werden.

In den folgenden §§ des Strafgesetzbuchs wird auf Minderungsgründe eingegangen. Totschlag im Affekt ist weitestgehend einer der bekanntesten Gründe, bei dem das Strafmaß von 5 – 15 Jahren auf 1 -10 Jahren verringert wird.

Kann ein Unfall Mord sein?

Nachdem wir nun den Unterschied zwischen Mord und Totschlag geklärt haben, kommen wir zurück zur Ausgangsfrage:
Kann ein Unfall ein Mord sein?
Der Bundesgerichtshof sagt JA.
In diesem konkreten Fall haben sich zwei Männer an einer Ampel spontan zu einer Raserfahrt durch Berlin entschlossen und mit 170 Km/H ein Auto gerammt, dass aus einer Seitenstraße kam. Der Fahrer starb.
Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des Landgericht Berlin 2019 bestätigt.
Die Mordmerkmale Heimtücke, gemeingefährliche Mittel und niedere Beweggründe seien erfüllt.
Wer dazu mehr wissen möchte, kann das vollständige Urteil hier nachlesen.

Ich hoffe, ich konnte euch ein wenig erklären, wie es sich mit Mord und Totschlag verhält. Die Definition ist nicht einfach, auch Juristen haben damit ihre Schwierigkeiten. Trotzdem ist es in vielen True Crime Fällen hilfreich, den Unterschied zu kennen.

Runa

One thought on “von Mord und Totschlag

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