Wahre Verbechen: Sisi -Kaiserin von Österreich

Copyright Titelbild: Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H.

Jeder, wirklich jeder kennt sie. Aber nicht jeder liebt sie.
Vornehmlich Frauen lieben die Sissi-Filme. Spätestens zur Weihnachtszeit kommt man (beinahe wie beim Aschenbrödel mit den Haselnüssen) kaum an den Filmen vorbei. Und wenn du sie hasst, aber gezwungen bist, sie trotzdem zu gucken, mach ein Trinkspiel draus. Kipp ‘nen Kurzen jedesmal, wenn jemand ‚‚Königliche Hoheit‘‘ sagt. Es macht alles so viel besser für euch Banausen.

Sissi heißt die österreichische Kaiserin übrigens nur im Film. Ihre Familie nannte sie Sisi, gleiches werde ich in diesem Artikel auch machen.

Ich selbst bin ein großer Fan der ersten beiden Filmteile. Wohl weiß ich aber, dass sich Sisis echtes Leben so nie abgespielt hat. Und wenn die Sissi im Film die schwere Krankheit überstanden hat und danach FriedeFreudeEierkuchen herrschte, die echte Sisi, die geborene Elisabeth Amalie Eugenie von Wittelsbach hatte kein friedvolles Ende. Tatsächlich wusste ich lange nicht, dass sie umgebracht wurde. Am 10. September 1898 verstarb Sisi mit den (angeblichen) Worten ‚‚Aber was ist nur mit mir geschehen?‘‘ in Genf.

Ja, was war denn nur geschehen?

Die Anarchie war geschehen und Sisi war zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort. Es sollte eigentlich einen anderen Treffen, nämlich Philippe d’Orleans (Louis Philippe Robert d’Orléans, duc d’Orléans) einen französischen Adligen. Aber auch nur, weil der Täter pleite war, denn eigentlich sollte König Umberto I dran glauben. Lucheni konnte sich nur die Reise nach Italien nicht leisten. Also änderte der Mörder seine Pläne und wollte nun Philippe töten. Dieser änderte ebenfalls seine (Reise)Pläne und Luigi Lucheni erkor daher Sisi als Opfer, da diese sich gerade in Genf aufhielt.

Er ließ sich eine Feile schärfen, lief in Genf am Hafen rum und wartete. Und dann kam sie. Er lief in Sisi hinein, stach zu und verschwand. Sisi fiel, rappelte sich wieder auf und fragte ihre Begleitung, was er wohl gewollt haben könnte. ‚‚Vielleicht meine Uhr?‘‘
Nein, er wollte sie töten. Weil er die Obrigkeiten, die Monarchien hasste. Wie Sisi es auch tat.

Sisi machte sich auf den Weg zum Schiff, mit dem sie nach Territet fahren wollte. Sie hatte es eilig, sie wollte es keinesfalls verpassen. Sie klagte zwar über Schmerzen im Rippenbereich, wie schlimm es eigentlich war, war ihr aber nicht bewusst. Sie blutete nicht mal wirklich, obwohl sie gerade von einem fremden Mann erstochen worden war. Ohne es zu merken.

120 Schritte später brach sie zusammen. Das Schiff wurde sofort gewendet und Sisi ins Hotel zurück gebracht. Ein Priester spendete die Sterbesakramente. Die Kaiserin von Österreich war tot.

Todesursache
Die Obduktion stellte als Todesursache eine Herzbeuteltamponade fest. Lucheni hatte seine Feile ca 8,5 cm tief in die Brust gestochen. Er brach ihr damit die 4. Rippe und durchbohrte den unteren Rand des oberen Lungenflügels. Das Tatwerkzeug durchbohrte die linke Herzkammer. Ein großer Bluterguss mit geronnenem Blut bildete sich im Herzbeutel. Eine Herzinsuffizienz entstand.

Warum?
Die Antwort ist einfach: Weil er es wollte.

„Weil ich Anarchist bin, weil ich arm bin, weil ich die Arbeiter liebe und mir den Tod der Reichen wünsche.”

Luigi Luchenis Antwort auf die Frage nach dem Motiv

Lucheni wollte einen Monarchen/eine Monarchin oder einen Adligen töten. Er wollte Rache an dem Land (an irgendeinem Land). Eine Theorie besagt, er war Teil eines großen Anarchisten-Netzwerks und Sisi gar kein zufälliges Opfer.

Wer war Luigi Lucheni?

Adoptivkind. 1873 in Paris geboren, war er das Kind einer verarmten Italienerin. Sie gab ihn zur Adoption frei. Lucheni verbrachte seine Kindheit in mehreren Pflegefamilien. Keine war an ihm wirklich interessiert. Wichtig war nur das Pflegegeld.
Er war sehr gut in der Schule, allerdings musste er neben der Schule arbeiten und sein verdientes Geld an die Pflegeeltern abgeben. Heute würde man sicherlich (entschuldigend) sagen: Er hatte eine schwere Kindheit.

1889 machte er einen Schuh. Er verließ seine Pflegefamilie und wanderte durch Europa, um Arbeit zu finden. 1x wurde er nach Italien abgeschoben. Er wurde dann zum Militär eingezogen. Drei Jahre später setzte er seine Wanderschaft fort.

Da er selber in ständiger Armut lebte, immer am Existenzminimum wankte, begann er, die Obrigkeiten zu hassen. ‚‚Wer nicht arbeitet, darf auch nicht essen‘‘ war sein Credo. Und das faule adlige Pack arbeitete nun mal nicht. Er wandte sich dem Anarchismus zu, studierte eindeutige Schriften.
1898 ließ König Umberto I. einen Arbeiteraufstand blutig niederschlagen und zog damit Luchenis Rachedurst auf sich. Er wollte sich an dem Parasiten rächen, der den ganzen Tag nichts tat und dann die in Armut lebende Bevölkerung einfach niederschlug.

Wie bereits beschrieben fehlte ihm das Geld, um nach Italien zu reisen und er musste sich mit den Adligen begnügen, die sich in der Schweiz aufhielten.

Da er auch kein Geld für eine Waffe oder ein Messer hatte, ließ er sich eine Dreikantfeile schärfen und einen Griff anbringen. Er las in Anatomiebüchern nach, wo sich das Herz befindet und wartete vor dem Hotel auf ihre kaiserliche Hoheit.

Funfact: Da sich in der Schweiz zu der Zeit die Anarchistenhochburg befand, wurde Sisi von dem Polizeichef Schutz durch die Kantonspolizei angeboten 

– diese lehnte Sisi allerdings ab. Sie wusste zwar von der Gefahr, die von diesen Leuten ausging, hat sich selbst aber nie gefährdet gesehen. Sie war politisch neutral und prangerte die Monarchie offen an. Sie glaubte nicht an die Zukunft der Monarchie in Europa und machte da auch keinen Hehl draus. Sie beschäftigte sich viel mit den Problemen der damaligen Zeit und versuchte, Verbesserungen herbeizuführen. Warum also sollte sie den Hass der Anarchisten auf sich ziehen?

„Ich bin erwacht in einem Kerker, und Fesseln sind an meiner Hand“

– Kaiserin Elisabeth von Österreich, 1854, 2 Wochen nach ihrer Hochzeit

Naja, tatsächlich erfuhr Lucheni erst in seiner Zelle von den gar nicht so unterschiedlichen Ansichten der beiden. Bis dahin war auch Sisi einfach nur ein arbeitsfaules, reiches, verwöhntes Luder in seinen Augen.
Vielleicht war das der Grund, warum er sich 12 Jahre nach seiner Verhaftung das Leben in einer Dunkelzelle nahm. Auch wenn Gerüchte besagen, dass an seinem Selbstmord auch andere beteiligt waren und er gar nicht so freiwillig war. Aber das sind eben nur Gerüchte.

Lucheni rannte also auf Sisi zu und stach ihr ins Herz.
Er warf die Feile weg und versuchte zu fliehen. Aufmerksame Passanten hielten ihn jedoch fest und übergaben ihn der Polizei.

Luigi Lucheni, grinsend bei seiner Verhaftung – Bild: unbekannt, zwischenzeitlich aber gemeinfrei, da älter als 70 Jahre

Er war irgendwie stolz. Endlich hatte er die Aufmerksamkeit, die ihm seiner Meinung nach gebührte. Endlich konnte er seine anarchistischen Kommentare loswerden.
Er bereute nichts, gab vor Gericht an, dass er seine Tat wiederholen würde.
Bereits vor der eintägigen Gerichtsverhandlung veröffentlichte der italienische Kriminologe Cesare Lombroso ein wissenschaftliches Gutachten über Luigi Lucheni, in dem es hieß: „Lucheni weist eine große Zahl von Degenerationserscheinungen auf, die kennzeichnend sind für Epileptiker und Verbrecher gleichermaßen”
Er forderte für sich selbst die Todesstrafe. Wollte er doch als Märtyrer Anarchistengeschichte schreiben. Die Todesstrafe war in der Schweiz bereits abgeschafft und Lucheni bekam lebenslänglich.

Mordmerkmal: Tötung aus sonstigen niederen Beweggründen

Sidefact: König Umberto I. wurde später von anderen Anarchisten getötet.

10 Fakten über Sisi

  • sie heiratete bereits mit 15 Jahren ihren 7 Jahre älteren Cousin Kaiser Franz Joseph von Österreich.
  • sie bekam 4 Kinder, ihre älteste Tochter starb mit 2 Jahren an Durchfall und Fieber, ihr Sohn begann mit 31 Jahre suizid. Ab diesem Zeitpunkt trug Sisi den Rest ihres Lebens ausnahmslos schwarze Kleidung.
  • sie war diätgestört, betrieb übertrieben Körperkult.
  • sie war ein Sportfreak, war eine der berühmtesten Jagdreiterinnen ihrer Zeit. Sie wanderte bis zu 8 Stunden lang und Betrieb Fechtsport.
  • sie hatte schlechte Zähne.
  • sie hatte bereits bei der Geburt einen sichtbaren Milchzahn.
  • sie sprach Alt- und Neugriechisch.
  • sie war tätowiert (Anker auf der Schulter).
  • Englisch war die Geheimsprache zwischen ihr und ihrer älteren Schwester Helene.
  • Heinrich Heine war ihr Idol.

Runa

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